Haushaltsrede 2021

Sehr geehrter Herr Bürgermeister Walter,
sehr geehrter Herr Katz,
sehr geehrter Herr Knoblauch,
sehr geehrte Damen und Herren,
 

Es gibt Gemeinden, die machen sich Sorgen um ihre angelegten Rücklagen.

Mit Rücklagen hat Weil der Stadt kein Problem;

wir sind unterfinanziert und haben ein Strukturproblem. Die Schulden steigen und die Einnahmen stagnieren:

Unser diesjähriger, aus laufendem Betrieb erwirtschafteter Betrag für Investitionen liegt bei minus 5,4 Mill. EURO, das bislang größte Defizit in meiner 17-jährigen Tätigkeit als Gemeinderat. Wir finanzieren einen beträchtlichen Teil unserer Investitionen über Kredite.

„Dieser Befund gibt Anlass zu großer Sorge“, so der Kämmerer in seinem Bericht zum diesjährigen Haushalt. Dem können wir nur zustimmen.

Bei einem weiter so müssen wir selbst für die Finanzierung unserer bestehenden Kredite zusätzliche Kredite aufnehmen. So verlieren wir die Handlungsfähigkeit in unserer Stadt.

Ich will deshalb den Blick beispielhaft auf drei große Ausgabenbereiche richten:

1.           Familien- und Schulstadt

Wir sind eine Familienstadt mit unterschiedlichsten KiTa-Angeboten und allen möglichen Schularten. Das macht Weil der Stadt als Wohnstadt sehr attraktiv.

Doch all diese Angebote weisen mehr oder weniger große jährliche Defizite aus.

Der Nettoressourcenbedarf, also alles was nach Zuschüssen und Nutzergebühren von der Stadt noch zu tragen ist beträgt dieses Jahr für unsere Schulen 2,6 Mill EURO, für die Förderung junger Menschen (u. A. Schulsozialarbeit): 0,9 Mill. EURO, Für unsere Kindergärten: 5,5 Mill. EURO

Das Werbeschild Kinder- und Schulstadt ist uns dieses Haushaltjahr 9 Mill. EURO wert.

Das ist wichtig und gut so als Investition in die nächste Generation.

Dieser nicht unbeträchtliche Nettoressourcenbedarf für eine familienfreundliche Stadt setzt aber zwingend verlässliche städtische Einnahmequellen voraus.

2.           Gebäudeunterhaltungskosten

Bei den jährlichen Gebäudeunterhaltungskosten von aktuell 2,1 Mill EURO sehen wir dringenden Handlungsbedarf. Nicht weil wir denken, dass der seit Jahren steigende Betrag zu gering wäre,

das Erhalten des Bestands würde ein Vielfaches kosten.

Nein, wir haben zu viele Gebäude und ich bin mir sicher, dass, wenn überhaupt, nur wenige in der Verwaltung einen umfassenden Überblick haben.

Es ist Zeit für eine Inventur und eine Reduzierung dieser Ausgaben!

Deshalb haben wir mit Freude vernommen, dass der Rat bald eine Liste über alle städtischen Gebäude erhält, möglichst mit Details wie

aktueller Zustand, real anfallenden Einnahmen und Ausgaben, aktuelle Nutzer, die jährlichen Nebenkosten und wer diese bezahlt.

Mit diesen Grundlagen werden wir beraten und entscheiden müssen. Oftmals ist es vorteilhafter für die Stadt ein Gebäude in Erbpacht weiterzugeben oder bei geringer Auslastung auch mal zu veräußern.

3.           Personalkosten

Steigende Lohnkosten, auch verursacht durch unseren kürzlich 1-stimmig gefassten Verstärkungsbeschluss im Bau- und Ordnungsamt müssen wir im Auge behalten. Die aktuell verstärkte Bautätigkeit in unserer Stadt darf aber nicht der Stellenmaßstab für ein zukünftiges Bauamt sein. Notfalls müssen Spitzen mit Externen Büros abgebaut werden.

Besser ist es, EIN Baugebiet konsequent abzuarbeiten, erst dann, wenn überhaupt, das Nächste;

das kann auch ein schlankes Bauamt gut bewältigen und unsere Infrastruktur wird nicht schlagartig überfordert.

Keine Highspeed-Expansion wie in Renningen oder Rutesheim, es kommen auch noch bauwillige Generationen nach uns.

Auch die Digitalisierung der Abläufe in der Verwaltung muss mittelfristig Personalkosten einsparen.

Soviel zu den Ausgaben, wie sieht es mit den Einnahmen aus?

Die bislang noch nicht veröffentlichte Studie der Imakomm zeigt eine seit Jahrzehnten falsche Gewerbepolitik auf:

Unsere Gewerbesteuereinnahmen sind unterdurchschnittlich:

Diese lag 2018 im Kreis-ɸ bei 780 €, im Landes-ɸ bei 610 € und in WdS bei 250 € pro Einwohner,

was 3x weniger ist wie im Kreis ɸ.

Woran liegt das?

Wir haben Gewerbeansiedlungen mit einem hohen Anteil geringfügig Beschäftigter, was oftmals auch eine geringe Gewerbesteuer zur Folge hat:

2019 gab es z. B. in Renningen und Rutesheim 80, in Heimsheim 100, und in WdS 280

geringfügig Beschäftigte pro 1.000 Einwohner.

Unsere Gewerbeflächen dienen überdurchschnittlich als Abstellflächen für Autos und Karavan – mehr als doppelt so viel wie im Landes- und Kreisdurchschnitt.

Obendrein sind etliche Gewerbeflächen nur noch zu preiswertem Wohnraum degradiert worden.

Damit lässt sich der Stadtsäckel nicht füllen.

Einer bereits 2011 verkauften Gewerbefläche wird Anfang 2020 vom Gemeinderat ein weiteres großes Filetstück dazu genehmigt und bis heute sind nur 2 Wohnhäuser entstanden.

Gewerbesteuer? Fehlanzeige.

Was muss sich aus unserer Sicht ändern?

Es stellt sich zunächst die Frage, wie die Zweckentfremdung im Bestand bekämpft werden kann.

Und wenn neue Gewerbeflächen bereit gestellt werden müssen Vergabekriterien eingeführt werden.

Die – zu erwartende Gewerbesteuer, Arbeitsplätze, Verkehr, etc. – müssen zukünftig unser Maßstab sein.

Unser Antrag hierzu liegt der Verwaltung vor.

Des Weiteren sollten

1.           Steuersätze für Grund- und Gewerbesteuer überprüft und angepasst werden.

2.           Keine neuen Gebäudeanschaffungen die in Summe nur weitere Defizite erzeugen

3.           Geld sparen durch nicht Ausgeben ist die einfachste Art, unseren Haushalt zu entlasten. Ein vom Staat geförderter Klimaschutzmanager, wie in Weissach seit August 2020 angestellt, wird sich möglicherweise mehr als bezahlt machen.

Der Gebäudebestand unserer Stadt hat große Einsparpotentiale bei den Energie- und Wasserkosten.

Aber auch zusätzliche, dauerhafte Einnahmen sind nötig:

Die Weiler Stadtwerke müssen zur Einnahmeverbesserung schnell und zielgerichtet ausgebaut werden: Einnahme-Quellen wie unser Eigenwasseraufkommen können hierzu ein guter Beitrag sein.

Energie-Erzeugung für den Bedarf unserer großen Verbraucher wie Klär- und Wasserwerk sind ein weiterer Baustein.

Zum Schluss kommend:

Große Erwartungen haben wir an die im Juni diesen Jahres angesetzte Klausurtagung des Gemeinderats. Die Schwerpunkte werden sicherlich beim Sparen und der Einnahmenverbesserung liegen. Wir sind offen für verschiedenste Lösungsansätze. Aber es geht uns darum, sobald wie möglich eine gemeinsame, wirkungsvolle Vorgehensweise festzulegen.

Ich darf mich, auch im Namen meiner Fraktion bei Herrn Knoblauch mit Team sowie bei Herrn Bürgermeister Walter, bei Herrn Katz und der gesamten Verwaltung für die Ausarbeitung des Haushalts 2021 bedanken.

Die Fraktion der Grünen wird dem städtischen Haushalt sowie den Wirtschaftsplänen des städtischen Wasserwerks und des Hallenbads wie vorgelegt zustimmen.

Alfred Kappler