Haushaltsrede 2024

Ökonomisch und Ökologisch auf Kurs!

Unter dieser Überschrift hielt Stadtrat Friedhelm Brinkmann in der Januar-Sitzung des Gemeinderats die Haushaltsrede für die Fraktion Bündnis90/Die Grünen.

Sehr geehrter Herr Bürgermeister Walter, sehr geehrter Herr Erster Beigeordneter Katz,

Sehr geehrte Damen und Herren,

Den Haushalt 2024 kann man überschreiben: Ökologisch und ökonomisch auf Kurs, dank Konsolidierungshaushalt und Gewerbesteuerplus können wichtige Zukunftsinvestitionen geplant werden!

Klimaschutz vor Ort

Wir als Grüne freuen uns, dass nicht zuletzt auf unsere Initiative hin mit Landesförderung die Stelle einer Klima-Managerin ausgeschrieben und besetzt werden konnte. Weil der Stadt hat mit Frau Seelhorst nicht nur eine äußerst qualifizierte und engagierte Klimaschutzmanagerin gefunden, sie hat bereits nach kurzer Zeit gezeigt, dass sich eine solche Stelle bezahlt macht:

  • durch Erstellung einer Übersicht mit dem Energieverbrauch der städtischen Liegenschaften inkl. regelmäßigem Monitoring und Auswertung über den Verbrauch für eine gezielte Maßnahmenentwickung. So können wir auch gezielt entscheiden, sich auch ggfs. von einigen städtischen Liegenschaften zu trennen. Inzwischen sind im Haushalt 3,6 Mio € für Gebäudesanierungen vorgesehen (statt weniger als 1 Mio € in früheren Zeiten, die zu einem Modernisierungsstau geführt haben).
    Wie wichtig aber auch das Monitoring der Maßnahmen ist, sieht man in den stark gestiegenen Stromkosten und Verbrauch der Gebäude oder auch an der PV-Anlage der Schule in Schafhausen, die 2 Jahre keinen Strom lieferte und keinem aufgefallen ist.
  • Durch Aufstellung, welche Gebäude für Photovoltaik geeignet sind. Der Investitionshaushalt sieht Investitionen in verschiedene PV-Anlagen auf städtischen Gebäuden vor. Es ist sinnvoll, den erzeugten Strom zuerst im Gebäude zu verwenden und nur die nicht für den eigenen Stromverbrauch genutzten Dach-Flächen an die EnWdS zu verpachten. Bisher hat Weil der Stadt im Vergleich zu anderen Kommunen weniger erneuerbare Energie erzeugt (17,5% in 2022) und hat Nachholbedarf.

Mit der EnWds haben wir einen Einstieg in die lokale Erzeugung erneuerbarer Energien realisiert. Mit dem Beschluss im Regionalparlament zur Ausweisung der Vorrangflächen für Windenergie sollten ab 2024 klare Bedingungen hergestellt sein und die Stadt die Chancen nutzen, auf städtischen Flächen Windenergie – am besten mit Bürgerbeteiligung – als gute Einnahmequelle zu nutzen: Ökologisch und Ökonomisch sinnvoll.

Positiv ist auch das Energiecontracting im Rahmen des DENA-Programms zu beurteilen, dass 2024 ausgeschrieben wird. Die energetische Sanierung wird über einen Contractor geleistet, bezahlt wird über die erzielte Energieeinsparung. Die Umstellung auf energieeffiziente LED-Straßenbeleuchtung ist beschlossen, die Einsparungen sind für Umwelt und Stadtsäckel bedeutsam.

Wir müssen unsere Anstrengungen vor Ort weiter verstärken, um die geplanten Klimaschutzziele bis 2040 zu erreichen: So sollte bei allen Projekten zukünftig auch eine Klimawirkungsprüfung auf Klimarelevanz durchgeführt werden.

Sanierung von Gebäuden und Innenstadtbelebung

Die Ausgliederung des Eigenbetriebs städtische Liegenschaften und die Überführung der ersten Gebäude in den Eigenbetrieb ist ein logischer Schritt auch zur Transparenz in den Haushalten. Als erstes wichtiges Objekt gilt die Sanierung des alten Rathauses, Marktplatz 14 in Weil der Stadt mit 4,5 Mio € Sanierungskosten (wovon wir 50% Förderung erhalten). Dadurch haben wir als Stadt die Möglichkeit, weiter die Belebung der Innenstadt aktiv zu gestalten. Zur Belebung der Innenstadt gehören aber auch weitere Maßnahmen wie z. B. eine Verkehrsberuhigung.

Investitionen in Bildung und Zukunft

Kinder und Jugendliche sind unsere Zukunft. Erziehung und Bildung in Kitas, Kindergärten und Schulen ist eine zentrale Aufgabe der Stadt und dominiert unsere Ausgaben. Die Planung für das neue Schulzentrum braucht volle Aufmerksamkeit: Es wird das Zuhause für unsere Kinder und Enkel für Jahrzehnte. Insgesamt sieht der Haushalt in den drei nächsten Jahren knapp 15 Mio € für den ersten Bauabschnitt (Grundschule) vor. Positiv ist die Planung als energieneutrales oder sogar Energie-Plus Gebäude.

Ab 2026 gilt der Rechtsanspruch auf Ganztagsbetreuung an Grundschulen: Für viele Eltern und Unternehmen ist es gerade auch in Zeiten des Personalmangels ein zentrales Interesse, frühzeitig Klarheit über die Umsetzung zu bekommen: in Weil der Stadt werden wir dafür mit 2,7 Mio Euro die Schule in Schafhausen erweitern. Insgesamt werden wir mit dem von den Schulleitungen und dem Amt für Jugend und Soziales erarbeiteten Konzept die Betreuung in Weil der Stadt sicherstellen können. Wir stehen hier genauso wie in den Kindertagesstätten und Kindergärten vor der enormen Herausforderung des fehlenden Fachpersonals. Das gilt im Übrigen für alle städtischen Stellen, Fachpersonal zu finden und zu halten Es ist wichtig, neben der Ausbildung und der entsprechenden Eingruppierung, attraktive Arbeitsplätze bei der Stadt zu bieten – deshalb unterstützen wir auch kleinere Maßnahmen wie ein Jobticket für die städtischen Mitarbeitenden. Wir brauchen die Stadt als attraktiven Arbeitgeber.

Leider reichen die Zuschüsse für die Kindergartenbetreuung nicht, die Elternbeiträge decken nur 15% der Kosten, der Abmangel in den Kindergärten beträgt 2024 über 7 Mio €.

Gewerbe und Infrastruktur

Die Gewerbesteuereinnahmen fallen 2023 und 2024 deutlich höher als erwartet aus (12 Mio € in 2024 statt der Planung von 5 Mio € für 2023). Durch Nachzahlungen nimmt die Stadt in 2023 keine neuen Schulden auf. Das sollte uns nicht über das strukturelle Defizit hinwegtäuschen, die Konsolidierung der Finanzen muss weiter im Mittelpunkt stehen. Es gilt die Gewerbesteuereinnahmen auf hohem Niveau zu verstetigen. Dazu gehört der Fokus auf qualifiziertes Gewerbe mit sozialversicherungspflichtigen Arbeitsplätzen. Durch die Senkung der Gewerbesteuerhebesätze konnten wichtige Investitionsentscheidungen für Weil der Stadt getroffen werden. Die von den Grünen maßgeblich entworfenen und im Rat konsentierten Kriterien für neue Gewerbebetriebe muss auch auf bestehendes Gewerbe angewendet werden.

In Rekordzeit von nicht einmal 6 Wochen hat die Verwaltung mit Ab- und Zustimmung des Gemeinderates schnell Voraussetzungen geprüft und Entscheidungen getroffen, die Firma Silberform zur vollständigen Verlagerung des Betriebs nach Weil der Stadt-Merklingen zu bewegen.

Auch wenn mit der Veräußerung des Grundstücks Baubetriebshof der zweite vor dem ersten Schritt gemacht wurde.

Weil der Stadt benötigt einen funktionsfähigen und zweckmäßigen Baubetriebshof – der aber deutlich unter den in der mittelfristigen Finanzplanung veranschlagten 15 Mio € Baukosten liegt. Der Auftrag an die Verwaltung ist, die 10 Mio € -Marke nicht zu überschreiten – die 5 Mio € Einsparung benötigen wir dringend an anderen Stellen!

Bei der Ansiedlung der Firma Silberform konnte auf Antrag der Grünen gleich die Fuß- und Radwegesituation Richtung Wohngebiet mit neu geplant werden. Bei Straßensanierungen, bei Projekten muss immer die Fuß- und Radwegesituation mitgedacht und berücksichtigt werden.

Für eine weitere und angemessene Planung und Umsetzung von Fuß- und Fahrradwegen in Weil der Stadt und überörtlichen Wegen im Kreis, fehlt es immer noch an Mehrheiten und Einsicht im Gemeinderat. Auch die Zuständigkeit und Unterstützung des Kreises ist gefragt. An Fördermöglichkeiten und Geld für Fahrradwege vom Land fehlt es nicht, wie mir vor wenigen Tagen der Verkehrsminister in einem Gespräch persönlich bestätigte.

Teuer kommt die Stadt die Ausgleichszahlung für die Südumfahrung bei Rückgabe an den Bund mit 3 Mio € als Erhaltungsaufwand. Man sieht wie teuer der Unterhalt von Straßen und Gebäuden ist, alleine für Straßen und Kanalsanierung gibt Weil der Stadt 2024 4,5 Mio € aus (der Ertrag der Grundsteuer B liegt bei 3,6 Mio €).

Weitere Planungen wie Straßen und Kreisverkehr für Häugern-Nord sollten erst beauftragt werden, wenn die Hausaufgaben gemacht sind, und wir wissen, ob Häugern-Nord kommt, nicht kommt oder neu und kleiner geplant werden muss. Die Aufwendungen für Ausgleichsmaßnahmen inklusive Wasserversorgung werden den Haushalt belasten – bei Neubaugebieten müssen auch die Folgekosten für den Haushalt mit eingeplant werden, nicht nur Erschließungskosten und Grundstücke.

Ein Grund dafür, dass Weil der Stadt 2023 keine neuen Schulden aufnehmen musste, liegt auch daran, dass beschlossene Investitionen nicht umgesetzt werden konnten, teils aus Personalmangel. Es gilt nun sich zu fokussieren, und die beschlossenen Maßnahmen 2024 umzusetzen. Bei zusätzlichen Stellen waren Stadtverwaltung und Gemeinderat äußerst restriktiv im Sinne der Haushaltskonsolidierung. Dennoch sollte es möglich sein z.B. bei der Verkehrsüberwachung durch Prioritätensetzung auch den Bereich der Verkehrssicherheit im Bereich Schulwege zu stärken.

Demokratie und Zusammenhalt – Gesamthaushalt

Wir stehen vor großen gesellschaftspolitischen und demografischen Herausforderungen, den Herausforderungen des Klimawandels mit Auswirkungen und notwendigen Anstrengungen vor Ort. Bei Einhaltung des Konsolidierungskurses und Sparen im laufenden Haushalt können wir die Investitionen in eine vernachlässigte Infrastruktur meistern als auch die notwendigen Zukunftsinvestitionen stemmen mit einem soliden und genehmigungsfähigen Haushalt, der einen fairen Interessensausgleich mit Aufgabenpriorisierung vorsieht. Die geplanten Projekte sind wichtig und ambitioniert: in Planung und Finanzierung: Die Investitionen steigen auf 17 Mio €, 2025 sogar auf 31 Mio € – und bleiben auch 2026 mit 26 Mio Euro hoch. Die Stadt wird deshalb Schulden aufnehmen müssen (9 Mio Euro Nettoneuverschuldung in 2024) und 2024 mit einem negativen Ergebnis von 5 Mio € beenden, die Ratenzahlungen werden in den nächsten Jahren von knapp 250.000 € pro Jahr auf 1 Mio € in 2026 steigen und den laufenden Haushalt belasten.

Aus dem laufenden Haushalt – bei steigenden Gebühren, auch durch den Tarifabschluss von 10,5 % im öffentlichen Dienstunterstützen wir Musikschule, Volkshochschule, Bücherei, Jugend-Cafe, Schulsozialarbeit und das Hallenbad: Angebote, die uns als Grünen-Fraktion wichtig sind und die eine wichtige soziale und kulturelle Funktion haben und für eine hohe Lebensqualität in unserer Schulstadt (und Fairtrade-Town) stehen.

Fazit

Wir nehmen Schulden aber nicht für den laufenden Haushalt auf, sondern mit großen Investitionen in Bildung und Klima investieren wir in die Zukunft. Deshalb ist es aber auch gerechtfertigt, die Schulden für die nachkommende Generation jetzt aufzunehmen.

Dankeschön!

Ich möchte mich, auch im Namen meiner Fraktion bei Herrn Knoblauch mit Team, sowie bei Herrn Bürgermeister Walter, bei Herrn Beigeordneten Katz und der gesamten Verwaltung für die Ausarbeitung des Haushalts 2024 bedanken – dazu gehört neben der strikten Haushaltsdisziplin auch das gute Fördermittelmanagement der Stadt.

Die Fraktion der Grünen wird dem städtischen Haushalt sowie den Wirtschaftsplänen des städtischen Wasserwerks und des Hallenbads wie vorgelegt zustimmen.