Wie ich zu den Grünen kam – Wilde 80er Jahre

Wir danken von Herzen unserem super treuen Mitglied Ulrich Markwald! Seit mehr als 40 Jahren ist er Mitglied im Ortsverband der Grünen. Anlässlich dieses Jubiläums teilt er seine Erinnerungen mit uns.

Anfang der 80er Jahre fand ich nach dem Nato Doppelbeschluss (Stationierung von Hunderten von Atomwaffen in Deutschland) zur Friedensbewegung. Als ich1982 nach Schafhausen zog, interessierten mich auch andere grüne Themen, und nach einem Vortrag über das Waldsterben trat ich 1983  in die Partei ein.
1984 stand ich schon mit auf der Kandidatenliste für die Gemeinderatswahl in Weil der Stadt. Es folgten viele gemeinsame pressewirksame Aktionen: Trauerflor an toten Bäumen, gegen den Giftgaseinsatz bei der Kompostbearbeitung in Weil der Stadt, gegen Atomkraft, gegen Tierversuche…
1985 wurde ich Pressesprecher im Ortsverband. Damals war es erst recht nicht leicht, grüne Veranstaltungen in Weil der Stadt in der Presse zu platzieren. Ohne Rücksprache wurde gerne mal ein Text „vergessen“ oder gestrichen.
Dann hielten Pershing II – Einheiten aus Mutlangen Manöver mit Atomwaffen in Schafhausen und Weissach ab. Wir waren mit anderen Friedensbewegten vor Ort, haben mit den SoldatInnen diskutiert (Ich hab’ noch Fotos!) Im Gemeinderat verteilten wir Flugblätter mit der Aufforderung, Weil der Stadt zur atomwaffenfreien Zone zu erklären. Das sorgte für viel Unmut und wurde rundweg abgelehnt.
1986 war ein ereignisreiches Jahr: Tschernobyl. Wir organisierten eine Veranstaltung im kath. Gemeindehaus. Ich brachte einen Geigerzähler aus der Schule mit und konnte bei Gras- und Gemüseproben aus dem Umland erhöhte Radioaktivität nachweisen.
1987 war das Jahr des Widerstands gegen die Volkszählung. Wir Grüne entwarfen und verteilten Flugblätter. Gegen mich und 5 weitere wurde eine Hausdurchsuchung und ein Ermittlungsverfahren wegen Aufforderung zu einer Straftat eingeleitet. Das Verfahren wurde allerdings eingestellt.
Dann gab es den Atommüllskandal: Betrug, Bestechung, Steuerhinterziehung, unerlaubter Umgang mit Kernbrennstoffen…, da wurde vielen klar, dass die Verlierer bei der Atomkraft Mensch und Natur sind.
1988 gab es einen Erdrutsch auf der Bahnstrecke nach Calw bei Ostelsheim. Die Bahn stellte daraufhin den Güter-Bahnverkehr ein. In einer Nacht- und Nebelaktion haben wir die Gleise freigeschaufelt, fotografiert und an die Presse gegeben. Leider ließ sich die Bahn nicht umstimmen.
Nicht mitgerechnet sind die unzähligen Plakatständer, die wir zusammengezimmert, mit Tapetenkleister Plakate aufgeklebt haben, die vielen ausgeteilten Flyer und mit Schreibmaschine getippten Pressemitteilungen – damals war Wahlkampf überwiegend analog.

Später verlegte ich meine Aktivitäten zur Manufaktur e.V. , in Familie, Musik, Beruf und Fortbildung – und jetzt aufs Schreiben von Romanen und Kurzgeschichten.